Boxen

Quelle: Günzburger Zeitung

Ein Box-Spektakel in einmaligem Ambiente

Der Güssen-Cup findet am Samstag erstmals unter freiem Himmel statt. Drei Aktive des gastgebenden VfL Leipheim stehen im Ring. Spartenchef und Trainer Robert Roh sieht den Sport in seiner Interpretation des Olympischen Leitbilds ein Stück weit als Lebensschule. 

Von Jan Kubica

Leipheim – Das Wichtigste ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme, nicht das Erobern, sondern der aufrechte Kampf. Nur wenige Formulierungen treffen das Wesen des allzeit faszinierenden Boxsports so klar wie jenes Motto, das der Gründer der modernen Olympischen Spiele, Pierre de Coubertin, einst prägte und das bis heute universale Gültigkeit für sich beanspruchen darf. Robert Roh, Trainer und Abteilungsleiter der Boxer im VfL Leipheim, übersetzt dieses Leitbild für sich in die Worte: „Ich muss als Trainer erst den Menschen formen, um dann Stufe für Stufe vielleicht einen Sieger zu erhalten.“ Seit beinahe 20 Jahren setzt sich der 44-Jährige in der örtlichen Abteilung genau dafür ein, hat mit viel Hingabe aus oft schüchternen Kindern selbstbewusste Kämpfer gemacht, viele Titel und Trophäen nach Leipheim geholt und nicht zuletzt großartige Veranstaltungen eingerichtet, die einen überaus wertvollen Beitrag zum regionalen Sportkalender leisten.

Diesmal wird alles noch ein bisschen größer als üblich. Denn erstmals findet der Güssen-Cup unter freiem Himmel statt – und das unmittelbar in der Heimstätte der Faustkämpfer. Am Samstag, 27. Juli (Beginn ist um 18.30 Uhr), steigt das Spektakel im Innenhof des Hauses 114 auf dem früheren Fliegerhorst-Gelände, jenes Gebäudes also, das unter Regie der Box-Sparte in jahrelanger Eigenarbeit so aufgehübscht wurde, dass es inzwischen sogar das offizielle Domizil des Hauptvereins darstellt.

Und was für ein Spektakel das wird. „Ich bin sehr lange beim Boxen, aber so etwas, ein solches Ambiente, das ist sehr, sehr selten“, schwelgt Roh in Vorfreude. Open Air-Veranstaltungen, ja, das gebe es natürlich immer mal wieder. Aber auf welche Art? Mit einem solchen Gebäude als buchstäblichem Rahmen, mit großen Tribünen, mit einer fulminanten Lichtanlage, mit allem? Der Macher gönnt sich einen leicht träumerischen Blick voraus und sagt: „Ich denke mal, für einen Boxer und auch für die Zuschauer ist das fast einmalig.“

Zumal der Arena-Charakter überwältigende Eindrücke verspricht. Gut, ein bisschen Fantasie ist dafür aktuell notwendig, denn abgesehen von einem Grundgerüst für den Ring steht noch nichts, was auf ein derart kapitales Ereignis hindeutet. Aber Roh, früher selbst ein herausragender Könner im Ring, sieht es geradezu vor sich, wenn er sagt: „Lass das mal 21 Uhr werden und dann kommt ein Kämpfer durch diesen Gang in die Arena – wenn jemand diesen Sport liebt, wird das ein schöner Augenblick. Ob er dann siegt oder nicht, ist eine andere Sache. Aber auf diesen Moment haben wir einfach sehr lange hingearbeitet.“

Geplant sind aktuell 18 Kämpfe von Junioren, Männern und Frauen aus 14 Vereinen. Die kommen vor allem aus bayerischen Boxer-Hochburgen wie Neu-Ulm, München-Haar, Aichach, Kempten und Ingolstadt, aber auch bis aus Marburg in Mittelhessen und Riegel in Südbaden. Dass sein Angebot derartige Fernwirkung erzielt, damit hatte selbst der stets optimistische Roh nicht gerechnet. „Wenn die wirklich alle kommen, dann ist das schon eine große Sache“, sagt er.

Drei Jungs aus dem Talentschuppen des VfL Leipheim werden das Sportfest hautnah miterleben. Der erfahrenste unter ihnen ist Alexandru Urda, der beim Güssen-Cup 2022 seine Ringpremiere gefeiert hatte und ein halbes Jahr später schon den Schwaben-Titel holte. Erstmals vor heimischem Publikum antreten werden Sanaullah Qambari und Tarik Colo. Über die sportlichen Aussichten seiner Schützlinge möchte Roh im Vorfeld nicht spekulieren – und fängt an dieser Stelle seine Interpretation des Olympischen Leitbilds noch einmal ein, wenn er sagt: „36 Sportler werden in den Ring steigen. Die Hälfte von ihnen wird ihn als Sieger und die andere Hälfte als Verlierer verlassen. Der Boxer muss damit umgehen, immer wieder. Das ist die Kunst – aber das ist auch das Leben.“

Eine Schule für dieses Leben oder immerhin ein kleiner Teil davon kann der Boxsport sicher sein. Roh könnte immerhin mit Recht und mit Stolz betonen, dass die Abteilung trotz hoher Fluktuation immer größer wird. Seine beeindruckende Bescheidenheit hindert ihn daran, große Worte darum zu machen. Er lässt stattdessen Zahlen sprechen. 112 Mitglieder hat die Box-Abteilung im VfL Leipheim momentan – das ist, ganz unbescheiden, schon weit jenseits von „nicht schlecht“ für eine Randsportart an einem vergleichsweise kleinen Ort.

Nervös sei er nicht, versichert der Hauptplaner des Güssen-Cup, nur ein bisschen müde inmitten der Vielzahl an kleinen und großen Aufgaben. Und eine Unwägbarkeit bleibt ja trotz aller Vorkehrungen: das Wetter. „Es gibt keinen Plan B“, verdeutlicht Roh und setzt hinzu: „Wenn es regnet, wird das abgesagt. Wir werden keine Halle als Ersatzort suchen, denn das wäre nicht das, was wir machen wollen.“ Aber nicht nur wegen dieses K.o.-Kriteriums hält sich der Vorbild-Sportler mit vollmundigen Ansagen und detaillierten Angaben zum Programm zurück. Die Fans sollen sich ein Stück weit überraschen und dann auch von der Atmosphäre tragen lassen, lässt Roh mit geradezu kindlicher Vorfreude in der Miene anklingen.

Bild 1:

Trainer und Abteilungsleiter Robert Roh präsentiert die Trophäe für die beste Mannschaft sowie die Pokale für die siegreichen Faustkämpfer.

Bild 2:

Der Schauplatz des Geschehens: Wenige Tage vor dem Güssen-Cup deutet noch kaum etwas darauf hin, dass hier am 27. Juli eine Box-Arena stehen wird. Der gastgebende VfL Leipheim (im Bild eine Trainingsgruppe) verspricht eine großartige Atmosphäre. Fotos: Ernst Mayer

 

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