Boxen

Stolze Sieger, wahre Worte, große Gefühle

Beim Güssen-Cup gewinnen zwei Faustkämpfer des gastgebenden VfL Leipheim nach beherzten Auftritten.
500 Fans feiern ein Sport-Spektakel. Die Wucht des genialen Augenblicks rührt Boxer-Chef Robert Roh zu Tränen.

Leipheim Als die ganze Aufregung vorüber, die Anspannung abgefallen und das Erinnerungsfoto mit seinen beiden siegreichen Boxern geschossen war, rannen ein paar Tränen des Glücks übers Gesicht von Robert Roh. Alles, wirklich alles hatte geklappt bei diesem Güssen- Cup. 500 Fans sahen zwölf absolut faire und technisch saubere Kämpfe. Sie dankten es den Sporttreibenden und dem über viele Wochen emsig arbeitenden Organisationsteam des VfL Leipheim mit einer sagenhaften Atmosphäre, die alle Beteiligte ins Schwärmen brachte. Josephine Huck vom TSV 03 Speyer zum Beispiel, die bei ihrem erst zweiten Auftritt im Ring mit flinken Beinen, schnellen Händen und solider Technik überraschte und ihrer Gegnerin Johanna Ghebrehiwot nicht den Hauch einer Chance ließ, zeigte sich „absolut überwältigt“ von der Kulisse. „Ich finde die Veranstaltung top“

sagte sie und hatte auch ein paar nette Worte für den Schauplatz des Geschehens parat: „Es war cool. Wir haben noch einen Spaziergang durchs Dorf gemacht – das war schön.“ Auch Leipheims Bürgermeister Christian Konrad war beeindruckt. „Die Stimmung ist großartig“, lobte er. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand – gegen seinen Willen, aber vollauf zu Recht – Robert Roh, der wie immer äußerst bescheiden auftretende Abteilungsleiter und Trainer der heimischen Boxer und jener Mann, ohne den weder die Erfolgsgeschichte seiner Schützlinge noch diese sagenhafte Veranstaltung überhaupt denkbar wären. Und der Weg zum Güssen-Cup 2022, dem ersten nach fünf Jahren Pause, war ein besonders steiniger gewesen. Buchstäblich bis zum letzten Tag lag vieles im Ungewissen, unter anderem hatten acht Boxer ganz kurzfristig abgesagt. „Es war so harte Arbeit“, kommentierte Roh, sichtbar emotional bewegt, um sogleich sein ganzes Team mit ins Boot zu nehmen und zu betonen,

dieser Abend sei ein Sieg für ganz Leipheim. „Ich bin einfach nur stolz.“ Die sportlichen Höhepunkte bildeten selbstverständlich die Auftritte der beiden VfL-Boxer. Als Erster war Dragos Alexandru Urda aus Wasserburg an der Reihe. Seit einem Jahr trainiert der Mittelgewichtler bei Roh, Ringerfahrung brachte er wie auch sein Kontrahent Safi Kamran (Mekong Neu- Ulm) keine mit. Aber er hat schnell gelernt von seinem Coach. Und er folgte genau dem Plan, den Kampf mit der Rechten zu bestimmen und dann die Linke ihren Dienst tun zu lassen. Noch in der ersten Runde landete ein gewaltiger Schlag des 22-jährigen VfL-Boxers krachend im Gesicht seines Kontrahenten, der zu Boden ging und daraufhin aufgab. „Ich bin sehr glücklich“, sagte Urda, der erst vor einem Jahr mit dem Boxen angefangen hat. Auf die Frage nach der entscheidenden Aktion meinte er grinsend: „Das ist mein Trick.“ Wesentlich schwerer tat sich Benedikt Kirchhof, amtierender Bezirksmeister

im Halbschwergewicht, in seinem Kampf gegen Juan Roth (BC Neu-Ulm). Der entpuppte sich als top-ausgebildeter Mann und brachte Kirchhof vor allem in der zweiten Runde ernsthaft in Bedrängnis. Erst in der Schlussphase setzte sich der mit „Benni, Benni“-Rufen lautstark angefeuerte Einheimische nach Punkten durch. Zu Recht erhielten die zwei Sportler für den im Nachhinein gesehen besten Fight des Abends die Sonderpreise für den besten Techniker (Roth) und den besten Kämpfer (Kirchhof). Ein bisschen Pech hatten zwei weitere Hoffnungsträger des VfL Leipheim, die diesmal nicht in den Ring durften. Florian Kurfess ist derzeit wegen einer Handverletzung nicht einsetzbar und für eine Ringpremiere des blutjungen Manuel Kerber fand sich kein adäquater Gegner. Unbedingt lobenswert und alles andere als alltäglich war, dass sich die Zuschauenden nicht nur auf die beiden Leipheimer Jungs konzentrierten. Jeder und Jede im Ring

war ein Star. Ganz im Sinne von Roh, der das Publikum ausdrücklich lobte: „Egal, ob Anfänger oder Elite-Boxer, die Leute klatschen, sie respektieren die Leistungen, geben den jungen Leuten eine Chance. Für mich ist das einfach ein schönes Gefühl.“ Es ist auch eines, das er selbst als Aktiver nur allzu selten, in dieser Ausprägung vielleicht nie erleben durfte. Seinen aktuellen Schützlingen konnte er es schenken – und die kämpften ganz bestimmt auch ein bisschen für ihn. Am Ende stieg Robert Roh selbst in den Ring, verbeugte sich tief nach allen Seiten und schnappte sich das Saalmikrofon. „Ich möchte allen ein großes Danke sagen“, formulierte er in Richtung des gesamten Organisationsteams und aller, die positiv zum Kampfabend beigetragen hatten. Auch den Fans gab er, immer noch erkennbar ergriffen von der einmaligen Stimmung, noch ein paar hübsche Worte mit auf den Nachhauseweg: „Schön, dass ihr uns unterstützt. Ihr gebt uns Mut, das zu machen.“

Ob da in naher Zukunft vielleicht sogar noch mehr geht? Walter Oberdorfer, Vorsitzender des Gesamtvereins, erinnerte an die lange Box-Tradition im VfL, der 1954 eine erste Staffel stellte. „Heute sind wir stärker denn je“, versicherte er. Solche Aussagen wecken Begehrlichkeiten. Warum sollte Leipheim, wenn es denn ein solcher Zuschauermagnet ist, keine Titelkämpfe ausrichten können? Bürgermeister Konrad hat sich schon mal lose umgehört und steht der Idee grundsätzlich positiv gegenüber. „Und ich glaube auch, dass die Verantwortlichen im bayerischen Boxsport mittlerweile ein Auge auf Leipheim geworfen haben“, fügte er diesem Gedanken hinzu. Dass sie ein absolut professionelles Ambiente bieten können, haben Robert Roh und seine vielen helfenden Hände mehrfach bewiesen. Für sie wäre eine Landesmeisterschaft – womöglich gar mit einem der ihren im Ring – die Krönung jahrelanger, aufopferungsvoller Arbeit für diesen so faszinierenden Sport.

Tempo, Schlagkraft, Präzision, Konzentration und Kondition: Szenen wie diese verzückten die 500 Fans in der Güssenhalle.

Einen guten Job machten die vier erfahrenen Ringrichter. Sie hatten es freilich auch nicht allzu schwer mit den fairen Faustkämpfern.

Überzeugte mit flinken Beinen und schnellen Händen: Josephine Huck (TSV 03 Speyer).

Gehören zum Boxen wie der Ring: Gong und Zeitnahme.

Quelle: Günzburger Zeitung

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